Es wurde bekannt, dass der Magistrats einen Beschluss gefasst hatte, das Denkmal abreißen
zu lassen und dies, ohne daß sich das Parlament und die zuständigen Ausschüsse mit dem
Vorgang eingehend befasst hatten. Eine Recherche ergab zudem,
daß die Stadt aufgrund dessen bei den zuständigen Behörden
eine Abrißgenehmigung eingeholt und auch erhalten hatte.
Dieser Verlauf war Anlaß, daß sich neben dem Initiator Dietmar
Reichel, auch Karl Frank, als stellv. Vorsitzender der NABU-
Gruppe Linden und Joachim Häuser als Vors. der
Heimatvereinigung Schiffenberg/Ortsverein Leihgestern, zum
gemeinsamen Vorgehen gegen den Abriß zusammenfanden.
Nach den ersten Protesten vonseiten der Bürger plante daraufhin
die Stadt Linden, das Portal des Gebäudes auf dem ca. 300 m
entfernt liegenden Grillplatz „Am Wasserhaus“, wieder
aufzubauen. Dabei stellte sich allerdings die Frage, ob es nicht
viel sinnvoller und auch kostengünstiger wäre, das historische
Gebäude gar nicht erst abzureißen, sondern eingebettet in einer
neuen Funktion sanieren zu lassen. Um einen von der Stadt
befürchteten
Einsturz des
Hügels zu
verhindern, kann
der Hohlraum teilverfüllt oder sogar nur die
Decke nachhaltig abgestützt werden. Dieser
Raum mit seinem optimalen Klima für die
bedrohten Fledermäuse soll auch weiterhin
erhalten bleiben. Außerdem ist geplant, noch
einen kleinen Ruheplatz vor dem Denkmal zu
schaffen. Das 102 Jahre alte
geschichtsträchtige Industriedenkmal ist nun
mal ein erhaltenswertes Stück Dorfgeschichte,
das an seinem Originalstandort bleiben muß.
Die Initiatoren haben ein genaues Bild von der Gesamtanlage erarbeitet und eine
entsprechende Fotomontage erstellt.
Mit diesen Plänen der Stadt, die das Steinportal des Wasserhauses im Bereich des Grillplatzes
„Am Wasserhaus“ neu aufbauen will, zeigten sich gestern auch die zahlreichen Bürger nicht
einverstanden und bezweifelten zudem, dass es möglich sei, nach einem Baggerabbruch die
Portalsteine wieder originalgetreu zu rekonstruieren.
Es sei daher doch kostengünstiger die Front direkt
am Originalstandort saniert werden. Die Antwort der
Stadt Linden auf Bürgeranfragen zu Kosten und
einem „vorliegenden Gutachten“ blieb aus.
Eine weitere städtische Variante war es, das Portal
abreißen zu lassen und die Steine zwischenzulagern,
um sie gegebenenfalls zu Ausbesserungsarbeiten an
bereits bestehenden mit gleichen Material gebauten
Mauern bzw. Gebäuden zu verwenden!
Ein am Wasserhaus aufgehängtes Transparent mit
der Aufschrift „Abriss warum?“ fragt seit Montag,
den 22. Juni 2009 Vorbeikommende nach dem Sinn eines Abrisses!
Die Lage spitzte sich zu und bekam Brisanz, als im Laufe der Woche bekannt wurde, daß die
Stadt bereits am 29. Juni 2009, um 08.00Uhr, mit dem Abriß starten und vollendete Tatsachen
schaffen wollte. Dies stand den Vereinbarungen
zwischen Bürgermeister und Vertretern des
Naturschutzes (NABU und Vertreter der
Forstverwaltung) entgegen, die einen derartigen
Eingriff zur bestehenden Brutzeit
ausgeschlossen hatten.
Als erste Reaktion darauf folgte daher am
Wochenende eine adhoc Unterschriftenaktion an
der sich innerhalb weniger Stunden bereits über
700 Bürgerinnen und Bürger gegen den Abriß
ausgesprochen hatten!
Zeitgleich wurden durch Aushänge an
verschiedenen Stellen die Bevölkerung
Leihgesterns vom Zeitpunkt des Abrisses in
Kenntnis gesetzt. Daneben wurden alle örtlichen
und z.T. überörtlichen Vertreter der Presse
informiert, nicht zu vergessen die regionale
Vertretung des Hessischen Rundfunks.
Am Tag des Abrisses hatten sich bereits um 07.00
Uhr in der Frühe die ersten Mitglieder der
Interessensgemeinschaft eingefunden. Es kamen
einige Bürgerinnen und Bürger hinzu, die sich zum
Teil mit ihren Hunden neben dem „Gassigehen“ zum
Protest bekannten. Alle staunten und zeigten sich
hocherfreut, als nacheinander drei Bürger und eine
Bürgerin Leihgesterns mit drei Traktoren aus
verschiedenen Richtungen anfahrend, sich
spontan schützend vor dem Denkmal postierten.
Danach trafen Arbeiter der Abrißfirma ein und man
begann diesen die Situation zu schildern. Sie
nahmen den Protest hin und telefonierten mit ihrer
Firma, um weitere Instruktionen einzuholen. Den
für den Abriß vorgesehen Bagger, hatten sie am
Rande des Wohngebietes ca. 400m vom
Wasserhaus entfernt und vom „Tatort“ nicht
einsehbar, auf einem Tieflader abgestellt.
Inzwischen hatte Frau R. der Initiatorengruppe die
Versorgung des leiblichen Wohls aller
Anwesenden in die Hand genommen. Es war trotz
allem eine entspannte Atmosphäre. Dazu gesellte
sich ein Herr, wie sich herausstellte geradezu ein
Experte auf dem Gebiet „Geschichte der
Wasserhäuser im gesamten Mittelhessischen
Raum“, Herr Arnulf Kuster. Er hatte in der Presse
das Verfahren verfolgt hatte und so Kenntnis von
diesem Termin. Seine detaillierten fundierten
Kenntnisse über Wasserversorgung in früheren
Zeiten, der wirtschaftliche Stellenwert und die
Funktionsweise der verschiedenartigen Anlagen
solIten uns noch wertvolle Argumentationshilfen
sein. (siehe auch Interessengemeinschaft/Info
Veranstaltung).
Der Hessische Rundfunk hatte sich ebenfalls
eingefunden und interviewte neben der
Interessengemeinschaft auch die Meinung anderer
Bürger. Der Beitrag wurde nachmittags im HR4
gesendet (siehe Mitschnitt).
Im Laufe des Vormittags fanden sich immer mehr
Bürgerinnen und Bürger – neben Alteingesessenen
auch Neubürger – ein. Nach ca. 2 Stunden verließen
die Mitarbeiter der Abrißfirma unverrichteter Dinge das
Gelände und nahmen auch den Bagger mit.
Dies war der Zeitpunkt für Dietmar Reichel, Initiator
der Interessensgemeinschaft und Karlheinz Frank,
stellv. Vorsitzender der Lindener NABU-Gruppe im Rathaus die gesammelten Unterschriften an
Bürgermeister Dr. Ulrich Lenz zu übergeben.
Da dieser sich in einer Sitzung befand, nahm
Hans-Ulrich Heymann von der Abteilung
Hauptamt/Bauamt der Stadt die Unterschriften
in Empfang. An dem darauffolgenden
Wochenende wurde die Unterschriftenaktion
fortgesetzt, so daß insgesamt mehr als 1200
Bürgerinnen und Bürger sich für den Erhalt
ausgesprochen haben.